Nachleben
Situiert in einer ostafrikanischen Hafenstadt thematisiert der Roman die Entfremdung und Entwurzelung am Beispiel zweier junger Männer, die die Auswirkungen von Kolonialismus und Migration in voller Härte zu spüren bekommen. Ilyas wird mit elf Jahren von den deutschen Kolonialtruppen zwangsrekrutiert. Als er Jahre später zu seiner Familie zurückkehren will, stellt er fest, dass seine Eltern verstorben sind. Es gelingt ihm, seine kleine Schwester Afiya ausfindig zu machen, die bei Verwandten wohnt und von ihnen misshandelt und sklavengleich gehalten wird. Nachdem er seine Schwester zunächst zu sich holt, kehrt er einige Zeit später aus augenscheinlich unerklärlichen Gründen freiwillig der Schutztruppe bei und lässt sie allein. Hamza, der aus erheblicher Armut heraus als Kind von seinen Eltern verkauft wurde, tritt aufgrund von Aussichtslosigkeit ebenfalls den deutschen Kolonialtruppen bei, wo er Arbeit und Sicherheit sucht. Nach dem Krieg überschneiden sich die Wege der drei Figuren. Afiya und Hamza verlieben sich, und während sie gemeinsam leben und eine Familie gründen überschattet der Versuch, das Vergangene und Ungeklärte hinter sich zu lassen das junge Glück. Eindrücklich und ungeschönt zeichnet der Roman ein Bild der individuellen Auswirkung von Kolonialisierung und Krieg.
Abdulrazak Gurnah: Abdulrazak Gurnah ist ein tansanischer Autor, der am 20. Dezember 1948 geboren wurde, lebt und arbeitet jedoch seit seiner Flucht 1968 in Großbritannien. Nach seiner Zeit an der University Kano in Nigeria lehrte und promovierte er an der University of Kent als Professor für Englisch und postkoloniale Literatur. Trotz seiner Muttersprache Swahili sind seine Werke in englischer Sprache verfasst. Seine größte Auszeichnung ist der Nobelpreis für Literatur, den er 2021 „für sein kompromissloses und mitfühlendes Durchdringen der Auswirkungen des Kolonialismus und des Flüchtlingsschicksals in der Kluft zwischen Kulturen und Kontinenten“ (nobelprize.org) erhielt.